
Drei Haberer ohne Kontrabass
Eine Band, die als musikalische Problemlösung fungiert
Musikerinnen und Musiker stehen oft vor vielschichtigen Herausforderungen – einige davon sind rein praktischer Natur: Wo positioniert sich eine Band? Was ist ihr Wirkungsfeld? Und vor allem: Wie findet man die passende Besetzung, um eigene Kompositionen zum Leben zu erwecken?
Wer aus einer klassischen Jazz-Ausbildung kommt, hat beim Schreiben häufig den typischen Klang einer Jazz-Formation im Ohr: Flügel, Schlagzeug, vielleicht ein Saxofon als Melodieinstrument – und selbstverständlich ein Kontrabass. Eigentlich sollte es an jeder Musikhochschule möglich sein, genau diese Besetzung zusammenzustellen.
Doch als sich Paul, Alex und Marius am ArtEZ Konservatorium im niederländischen Arnhem kennenlernen, steht ihnen genau dieses Instrument nicht zur Verfügung. Paul – gebürtig aus Graz – studiert dort ein Jahr Jazz-Geige im Erasmus-Programm. Marius kommt aus Essen und studiert Schlagzeug. Alex, aufgewachsen in Gummersbach, ist Pianist. Die drei verstehen sich auf Anhieb, musikalisch wie menschlich, und gründen ein Trio. Nur: Es gibt an der Hochschule keine Kontrabassist*innen.
Was tun? Das Trio entscheidet sich, das Problem nicht als Hindernis, sondern als kreative Aufgabe zu sehen. Denn im Kern sorgt der Bass für die Tiefe und das Fundament im Klangbild – und genau das lässt sich auch anders erzeugen.
Paul nutzt ein Effektpedal, das seine Geige zwei Oktaven nach unten transponiert. Alex steuert mit dem Moog-Synthesizer die tiefen Frequenzen bei. Die Bassfunktion teilen sie sich flexibel. So wird nicht nur das Besetzungsproblem elegant gelöst – es entsteht auch ein unverwechselbarer Sound, der zugleich vertraut und neuartig klingt. Und ganz nebenbei ergibt sich ein klares Alleinstellungsmerkmal: In welcher Band übernimmt schon die Geige den Bass?
Komplexe Probleme lassen sich nicht immer einfach beantworten – und müssen es auch nicht. Doch manchmal liegt die Lösung näher als gedacht. Vielleicht entsteht Innovation genau dann, wenn man gezwungen ist, bestehende Muster zu hinterfragen – und aus den gegebenen Mitteln etwas Neues formt.